Ihr Schlüsselerlebnis hatte sie mit vier Jahren: Elisabeth Langer bekam ein paar Spritzer Stutenmilch von ihrem großen Bruder in die Hand gemolken – sie war fasziniert von dem einmaligen Geschmack. Heute bewirtschaftet sie den elterlichen Hof in Fichtenberg-Gehrhof mit derzeit vier Milchstuten.
Doch ihr Weg führte die heute 31-Jährige nicht direkt zur Pferdemilch. Neben der Stute Mara waren noch viele andere Tiere auf dem idyllisch gelegenen Hof, dessen Topografie eher an das Allgäu als an den Schwäbisch-Fränkischen Wald erinnert. Darunter auch der Esel Fridolin: Auf ihm ritt die kleine „Lissi“ zu ihren Freunden, spielte mit ihnen und ritt dann wieder nach Hause. Als 14-Jährige kaufte sie sich vom Konfirmationsgeld ihr erstes eigenes Pferd, die Warmblutstute Larissa, mit der sie an Dressur- und Springwettbewerben teilnahm. „Weil wir viele verschiedene Tiere hatten“, erzählt Elisabeth Langer. „Habe ich hier auch eine sehr schöne und vielfältige Kindheit erlebt.“
Stuten geben nur Milch, wenn ein Fohlen geboren wurde und dieses auch durchgehend muttergebunden aufgezogen wird.
Nach der Schule und einer kaufmännischen Ausbildung ging die Jungbäuerin erst einmal in die Berge: Im Schweizer Wallis hat sie bis auf 2800 Metern Höhe Kühe gehütet und deren Milch zu Käse verarbeitet. Zusammen mit ihrem damaligen Freund und heutigen Mann Simon zog es sie für einige Zeit nach Neuseeland und Australien. Weitere 100-tägige Aufenthalte auf der Schweizer Alp folgten: „Das war eine tolle Zeit, ganz abgeschnitten von der Zivilisation.“
Im Anschluss daran studierte Elisabeth Langer an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg Nachhaltiges Regionalmanagement Fachrichtung Naturschutz. Während eines Praktikums im Rahmen ihres Studiums kam sie in Kontakt zu einem Ehepaar, das seit 30 Jahren Stutenvorzugsmilch produzierte. Von ihnen lernte die Studentin das Handwerk. Da die beiden den Betrieb altershalber aufgeben wollten, konnte sie zwei Stuten, einige Gerätschaften und den Kundenstamm übernehmen.
Damit war auch das Thema der Bachelor-Arbeit klar: Die Gehrhoferin erstellte einen Businessplan zur Umsetzung eines Stutenvorzugsmilchbetriebes auf dem elterlichen Hof. 2018 startete sie mit vier Pony-Stuten ihre Bioland-Stutenrohmilchproduktion. „Ein sehr turbulentes Jahr“, blickt Elisabeth Langer zurück: Sie war Gründerin, schrieb die Abschlussprüfungen und die Bachelor-Arbeit, kümmerte sich um die aufwendigen Genehmigungsverfahren und Zertifizierungen für den Betrieb, heiratete und ihr erstes Kind kam auf die Welt.
Bereits 2017, während des Studiums, begannen die Planungen und Abstimmungen mit dem Veterinäramt, der Lebensmittelüberwachungsbehörde und dem Regierungspräsidium Tübingen, die für Rohmilch aller Art zuständig sind. Familie Langer startete mit der Renovierung des Stalls und errichtete die hochsensible Milchkammer mit Spülkammer, Umkleide-, Abfüll- und Lagerraum. Alles in Eigenleistung, um schneller rentabel zu werden.
Stuten geben nur Milch, wenn ein Fohlen geboren wurde und dieses auch durchgehend muttergebunden aufgezogen wird. Die Laktationsdauer von Stuten dauert circa sechs Monate. Angepasst an den natürlichen Rhythmus, kommen die Fohlen im Frühjahr zur Welt. Nach einer sechswöchigen Bindungszeit von Mutter und Fohlen werden beide langsam an den Melkalltag im Sommer gewöhnt. Trotzdem verbringt der Nachwuchs weiterhin mindestens 70 Prozent des Tages im natürlichen Herdenverbund zusammen mit seiner Mutter auf den weitläufigen Weiden des Hofes.
Nahrhafte Stutenmilch
Durch das Melken geben Milchstuten rund 20 Liter Milch am Tag. Eine gewöhnliche Zuchtstute produziert ergleichsweise nur 15 Liter. Somit können
fünf Liter pro Tag und Pferd gewonnen werden, ohne den natürlichen Fohlenbedarf zu gefährden. Im artgerechten Aktivstall werden die Stuten drei Mal am Tag gemolken. Sie kommen freiwillig und müssen dabei nicht angebunden werden. Während des Melkprozesses sind die Fohlen mit dabei, welche zuvor für höchstens drei Stunden getrennt werden. Gleich danach wird die Rohmilch abgepackt und durch den Schockfroster haltbar gemacht.
Der tägliche Umgang wirkt sich auch sehr positiv auf die Zutraulichkeit der Nachzucht aus. Elisabeth Langer legt großen Wert auf die Abstammung und Qualität ihrer Quarter-Pony-Zucht. Ihre Fohlen sind kein Nebenprodukt, sondern eine wichtige Einkommensquelle für den Betrieb.
Stutenmilch gehört zu den nahrhaftesten und aufbauendsten Nahrungsmitteln. Sie ist sehr nah mit der menschlichen Muttermilch verwandt, inklusive vieler Immunglobuline, speziellen Eiweißen, Vitaminen und ungesättigten Fettsäuren. Die Milch riecht neutral und schmeckt mit nur rund ein Prozent Fettanteil sehr leicht und nussig süß. Sie wird bei Lactoseunverträglichkeit, zur Stoffwechselanregung und bei verschiedenen Hautkrankheiten getrunken. Elisabeth Langer verschickt die gefrorene Milch als Trinkkur in ganz Deutschland, „weit über Bioland- und Demeter-Standard“. Ein kleiner Teil wird für die Produktion von Natur-Seifen und Bio-Kosmetika verwendet.
Seit 2022 ist Elisabeth Langer auch auf Naturpark- und Regional-Märkten unterwegs und präsentiert dort ihre Produkte. Außerdem werden ein bis zwei Hoffeste im Jahr in Kooperation mit dem Demeter-Nachbarbetrieb ausgerichtet. „Gerade jetzt muss jedem bewusst sein, dass kleinstrukturierte, unabhängige und naturverträgliche Kreislaufwirtschaft wichtiger ist als je zuvor. Da steht das eigene Gehalt nicht im Vordergrund“, erzählt die Jung-Bäuerin.
„Kindheit und Bauernhof gehören für mich zu einem gesunden Aufwachsen.“ Deshalb gibt es auf Elisabeth Langers Betrieb neben den Pferden auch noch Mutterkühe zur gesunden Mischbeweidung, zwei Zwergschafe, Hühner und Hasen. Durch die relativ flexiblen Arbeitszeiten und die große familiäre Unterstützung kann sie die beiden Kleinkinder und die arbeitsintensive Milchproduktion miteinander verbinden.
Von klein auf fühlt sich Elisabeth Langer als Kundin der VR Bank gut beraten. Da lag es auf der Hand, auch zukünftige Vorhaben, wie beispielsweise eine neue Mistlagerstätte und weitere betriebliche Investitionen zusammen mit ihrer Hausbank zu realisieren.