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Landgasthof Schäfer in Gundelsheim

Hundert Meter über dem Neckartal bei Gundelsheim, mitten im Landschaftsschutzgebiet, liegt der Michaelsberg. Schon von weitem ist die Michaelskirche zu sehen. Sie wurde 771 erstmals erwähnt und ist damit eine der ältesten Kirchen Baden-Württembergs. Auf diesem einzigartigen Fleckchen Erde befindet sich seit 1921 der Ferien- und Bauernhof der Familie Schäfer. Sie betreibt hier neben einer naturnahen und artgerechten Bio-Landwirtschaft ein Landrestaurant sowie einen Hofladen und vermietet Gästezimmer und Ferienwohnungen.

Während viele Landwirte erst in den letzten Jahren mit der Diversifizierung begonnen haben, reicht die Aufteilung des Angebots bei Schäfers bis in die 1960er Jahre zurück. Betriebsleiter Michael Schäfer erkannte damals, dass der abgelegene Hof von der Landwirtschaft allein nicht überleben konnte und begann mit der Selbstvermarktung der Tiere aus dem eigenen Stall: In einer kleinen Gastwirtschaft servierte die Familie bodenständige und gute Gerichte. Später kamen Fremdenzimmer dazu. Als Urlaub auf dem Bauernhof immer beliebter wurde, gesellten sich Pferde und Ponys zu den bereits vorhandenen Nutztieren. Mit der Nachfrage wuchs auch das Angebot. 

Heute verfügt das Restaurant über 120 Sitzplätze im Innenbereich und weitere 80 im Biergarten. Es ist ein beliebter Ort für Hochzeiten (die Feier kann nebenan in der Michaelskirche oder als freie Trauung stattfinden), Familienfeiern und Firmenevents. Ergänzt wird das Angebot durch Grill- und Hoffeste sowie andere besondere kulinarische Highlights. Den Gästen, Familien und Geschäftsreisenden, stehen zehn Ferienwohnungen zur Verfügung. Alle Erzeugnisse des Hofes können nicht nur vor Ort im Restaurant genossen, sondern auch im Hofladen gekauft und mit nach Hause genommen werden.

Was nach einer kontinuierlichen und zielgerichteten Strategie klingt, war es nicht: Michael Schäfer lernte zunächst Winzer, sein Bruder arbeitete als Koch auf dem Michaelsberg. Als dieser aus gesundheitlichen Gründen den Betrieb verlassen musste, hinterließ er eine große Lücke, die so schnell nicht gefüllt werden konnte – der Gasthof wurde geschlossen. 1986 übernahm Michael Schäfer den Hof und richtete ihn neu aus. Lag der landwirtschaftliche Schwerpunkt damals noch auf dem Ackerbau – Getreide und Kartoffeln gediehen auf den mageren Böden mehr schlecht als recht – setzte der neue Betriebsleiter auf Viehzucht: Seither sind rund um den Michaelsberg von Mitte April bis Oktober deutsche Angusrinder auf den Wiesen zu sehen, in den Ställen werden schwarz-weiße Duroc-Schweine gehalten und mit selbst angebauten Bio-Futtermitteln gefüttert. Rund 220 Rinder leben in der Herde auf dem Hof. Hinzu kommen etwa 40 Schafe, 30 Ziegen und vier Pferde. Seit dem Jahr 2000 bewirtschaftet Familie Schäfer ihren Hof mit rund 15 Hektar Ackerland und 135 Hektar Grünland nach ökologischen Grundsätzen. Die Hälfte der Wiesen wird wegen der Hanglage direkt beweidet, die andere Hälfte liefert Grünfutter: Es landet im Silo oder wird als Heu eingelagert. Damit und mit dem selbst erzeugten Getreide können die Tiere vollständig mit dem vor Ort erzeugten Futter versorgt werden. Sollte es einmal nicht ausreichen, wird nicht zugekauft, sondern wie in der Natur der Bestand angepasst. „Wir wollen immer einen Schritt voraus sein“, erklärt Michael Schäfer. „Die Zeit bleibt nicht stehen. Dass unser Konzept von anderen kopiert wird, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Parallel zur Umstrukturierung des Hofes begann die Erweiterung: Stallungen und Hallen wurden gebaut. Schon damals war die VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall eG als Finanzier mit im Boot. „Wir sehen in der regional verwurzelten Bank den passenden Partner für uns“, erklärt Michael Schäfer. „Sie ist für uns gut erreichbar und trifft schnelle Entscheidungen.“ Auch in schwierigen Zeiten konnte sich die Familie auf das Geldinstitut verlassen. Das neue Direktvermarktungskonzept kam an, „es war damals ein Alleinstellungsmerkmal in der Region“, sagt der Pionier: Die Kundinnen und Kunden rissen den Schäfers das frische Fleisch aus den Händen: „Wir hatten Bestellungen für ein Viertel oder ein halbes Rind.“ Heute sind nur einzelne Stücke gefragt, oft die Edelteile. „Uns ist aber wichtig, dass wir das ganze Tier verwerten: Hier werden die Tiere produziert, hier werden sie auf dem kürzesten Weg vermarktet. Das verstehen wir unter Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft“, verdeutlicht Michael Schäfer die Idee.

Um das Angebot für die Kundinnen und Kunden zu erweitern, hat die Familie einen Hofladen eingerichtet: Hier gibt es nicht nur das Fleisch vor allem der eigenen Tiere, sondern auch verschiedene Wurst- und Räucherspezialitäten. Wild aus der Umgebung und vegetarische Produkte runden das Angebot ab. Über das Jahr werden 100 Rinder verarbeitet, dazu kommen wöchentlich zwei Schafe, ein Schwein und monatlich ein bis zwei Ziegen. Das Fleisch wird ausschließlich auf dem Michaelsberg vermarktet: im Restaurant, im Hofladen und neuerdings auch mit einem Selbstbedienungsautomaten. Das Angebot wird gut angenommen: So können Besucher rund um die Uhr die Produkte des Hofes erwerben.

Ab 2000 stiegen Sohn Michael junior und einige Jahre später die Töchter Stephanie und Martina in den Betrieb ein, und das Gasthaus wurde zum Restaurant umgebaut. „Wir wollten eigentlich nur die Küche auf den neuesten Stand bringen und die Gasträume etwas vergrößern. Aber wir wurden überrannt“, erinnert sich der Seniorchef. 

Das traditionelle Ausflugslokal Michaelsberg boomt: Zu den Hoffesten an Pfingsten kommen bis zu 2000 äste. Innerhalb kürzester Zeit wuchs die Belegschaft von null auf zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die starke Zunahme kostete damals viel Kraft. Heute sind bis zu 60 Menschen in den verschiedenen Bereichen auf dem Hof beschäftigt. „Wir sind ein harmonisches Team“, ist sich Michael Schäfer sicher. „Jeder kann sich auf den anderen verlassen.“ Gemeinsam wird nicht nur gearbeitet, sondern auch gefeiert. 

Eine strikte Arbeitsteilung gibt es in der Familie nicht – wohl aber Schwerpunkte: So kümmert sich Michael senior vor allem um die Tiere („Das lag mir schon immer im Blut.“), seine Frau Gerda betreut die Ferienwohnungen und packt mit an, wo eine helfende Hand gebraucht wird. Sohn Michael ist als Metzger im Hofladen und gelegentlich in der Küche anzutreffen, aber auch die Arbeit mit den Tieren macht ihm Spaß – so schaut er ab und zu in den Ställen und auf den Weiden nach dem Rechten. Seine Schwester Stephanie ist gelernte Hotelbetriebswirtin und für den Service- und Veranstaltungsbereich zuständig. Die jüngste Tochter Martina arbeitet in der Buchhaltung, im Service und im Veranstaltungsbereich. Gemeinsam bringen sie den Hof weiter voran, denn nur im Familienverbund lässt sich ein so vielseitiger Betrieb führen.

Die Familie bietet ein Rundumprogramm: Große und kleine Besucherinnen und Besucher können den Michaelsberg sowohl real als auch in den verschiedenen Social-Media-Kanälen authentisch erleben. Auf dem Hof finden Kinder Tiere in freier Natur – alles ist offen, nichts abgesperrt – gibt es Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Schweine, Hunde, Katzen, Hasen und Gänse. Da die Angus-Rinder in Herden leben, sind sie allerdings nicht streichelzahm: Wenn die Jungtiere geboren werden, verteidigen die Muttertiere ihre Kälber.

Um auch Kindern aus der Stadt den Hof näherzubringen, bietet die Familie Hofführungen an: Dabei lernen die Gäste die Tiere und ihre Eigenheiten kennen. Außerdem wird ihnen gezeigt, wie eine nachhaltige und naturnahe Landwirtschaft funktioniert, die großen Wert auf das Wohl der Tiere legt. Dazu gehört auch die eigene Stromerzeugung über Fotovoltaikanlagen. Der Arbeitsschwerpunkt der Gastronomie liegt auf den Wochenenden: Viele Hochzeiten und Familienfeiern finden hier statt. Damit Spontanbesucher oder Wanderer – der Hof liegt direkt am Neckarsteig – auch dann einen Platz finden, wenn das Restaurant durch Veranstaltungen belegt ist, haben die Schäfers ein Berghüttle eingerichtet. In ungezwungener, familienfreundlicher Atmosphäre genießen die Gäste rustikale Speisen sowie spritzige Getränke und Weine aus der Region. 

Die Zukunft gehört der Erlebnisgastronomie auf dem Michaelsberg, ist sich die Familie Schäfer sicher: Neben Festen sind das Themenbuffets mit Live-Musik. Nicht die Masse zählt, sondern die gute Qualität der hausgemachten Bio-Produkte, die Abwechslung und das saisonale Angebot.

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